Familienurlaub mit Interrail

Wichtige Info vorab für kurz entschlossene junge Leute:

Die Stadt Frankfurt verlost Interrail-Tickets an alle Frankfurter Bürgerinnen und Bürger, die im Reisezeitraum (von 1. Dezember 2024 bis 30. November 2025) 18 bis 20 Jahre alt sind. Der Online-Bewerbungszeitraum läuft vom 6. September bis 6. Oktober 2024.

Interrail – das geht aber auch mit Familie. Hier ein Reisebericht von Franziska aus dem Sommer 2024

Interrail mit Familie – wie es dazu kam

Seit Jahren liege ich meiner Familie in den Ohren: „Lasst uns doch mal mit dem Zug in den Sommerurlaub fahren!“ „Och nö, da können wir ja nur so wenig mitnehmen!“ „Da können wir ja gar keine abgelegenen, romantischen Ecken besuchen.“ „Wir fahren doch schon das ganze Jahr so wenig Auto, da müssen wir nicht auch noch im Urlaub darauf verzichten …“

Erst widrige Umstände führten dazu, dass mein Mann aktuell nicht Auto fahren kann. Und ich selbst fahre äußerst ungern mehr als zwei Stunden am Stück. Das ist für mich das Gegenteil von Entspannung. Nun könnte man sicher auch zwei Autostunden von Frankfurt entfernt einen schönen Sommerurlaub verbringen. Aber wir wollten weg aus Deutschland: ans Meer, in die garantierte Wärme. – Als wir uns nämlich letztes Jahr in der Bretagne bei knapp 20 Grad über jeden Fast-Sonnenschein freuen mussten, rangen uns unsere Teenager-Kinder das Versprechen ab, dass der nächste Sommerurlaub auf jeden Fall in der Wärme stattfinden müsste. Und was man verspricht …

Der andere Eckpunkt war ein von Januar auf Anfang August verschobener Musical-Besuch in London. – Auf der „falschen Seite“ Auto zu fahren passte nun erst recht nicht in mein Konzept von Urlaub.

Die Lösung: Interrail!

Wir beschlossen, eine gute Woche nach London zu fahren – bzw. zu guten Freunden nach Reading, 23 Regionalbahn-Minuten westlich von London-Paddington entfernt. Und für die garantierte Hitze mit Meer wählten wir Nizza aus: eine Woche Ferienwohnung mitten in der Stadt, 10 Minuten zu Fuß vom Strand entfernt.

Endlich sollte sich mein Wunsch erfüllen.

Die Planung

Was sich so einfach anhört, gestaltete sich im Detail recht kompliziert. Hier die technischen Details:

Wir entschieden uns für den 7-Tage-Pass: Damit kannst du innerhalb eines Monats in 33 europäischen Ländern die meisten Züge und Fähren nutzen. Innerhalb Deutschlands darfst du allerdings nur einmal hin – ins Ausland – und einmal zurück – aus dem Ausland – fahren.

Unsere Route – die großen Strecken

Frankfurt – Paris (ICE) | Paris – Reading (Eurostar / Regionalzug)
Von Haustür zu Haustür dauerte das ca. 11 Stunden, mit zwei Stunden Aufenthalt in Paris.

Reading – Paris (Regionalzug / Eurostar) | Paris – Nizza (TGV)
Hier waren wir alles in allem etwa 13 Stunden unterwegs, wieder mit kurzem Aufenthalt in Paris.

Nizza – Paris (TGV) | Paris – Frankfurt (ICE)
Auch hier waren es 12 / 13 Stunden Reisezeit.

Damit hatten wir 3 von 7 Fahrten verplant. Die restlichen Fahrten wollten wir für Tagesausflüge nutzen. Du wunderst dich vielleicht, dass wir nicht noch mehr weite Strecken geplant haben, um die Tickets voll auszunutzen. Das lag einfach an den „widrigen Umständen“, die dazu führten, dass wir es ruhig angehen lassen und dennoch möglichst viele Bedürfnisse aller Familienmitglieder erfüllen wollten.

Buchung und Kosten

Gebucht haben wir unsere Interrail-Pässe auf dieser Seite.

Für unsere Teenager-Kinder haben wir jeweils 265 Euro gezahlt, mittlerweise werden dort 286 Euro angezeigt.

Wir Erwachsenen haben je 365 Euro gezahlt, aktuell sind es 381 Euro.

Zwischensumme mit aktuellen Preisen: 1.334 Euro

Was hier allerdings noch nicht enthalten ist: die Reservierungen der Schnellzüge in Frankreich – und die haben es in sich. Das Problem: Sowohl TGV als auch Eurostar haben nur ein begrenztes Kontingent für Interrail-Nutzer. Und da wir außerdem zusammen sitzen wollten, haben wir sicherheitshalber schon im März gebucht – und dabei übersehen, dass wir genau einen Tag nach Eröffnung der Olympischen Spiele losfahren würden …

Diese Buchungen waren ziemlich nervig und zeitaufwendig, da wir zunächst Züge finden mussten, bei denen Interrail überhaupt möglich war. Dann mussten wir für uns vier etwas mühsam die Reisepassnummern und sonstige Personendaten eingeben.

Mit allen Reservierungen waren wir am Ende bei Kosten von 1.700 Euro für sämtliche Zugfahrten. Das ist ganz schön teuer, ja, aber man kann dafür, wenn man es komplett ausnutzt, sehr viele Kilometer fahren. Für und fielen immerhin in England die Kosten für die Unterkunft weg – so glich es sich wieder etwas aus.

Interrail-App

Zur Planung der Reise benötigten wir eine App, den so genannten Rail Planner. Nachdem wir also die Fernzüge gebucht hatten, legten wir hier unseren Interrail-Pass an. Wichtig ist: Vor jedem Reisetag musst du diesem deine gewünschte Zugverbindung zuweisen und so den Pass aktivieren. Ansonsten reist du ohne gültiges Ticket und wirst an den Barrieren, die es insbesondere in Paris und London gibt, eventuell gestoppt.

In der Regel gelingt das Aktivieren sehr schnell, manchmal hatte die App aber auch Probleme beim Laden. Oder die gestern Abend extra rechtzeitig aktivierte Verbindung ist am Morgen auf einmal verschwunden. Das sorgte für kurzzeitige Angstschweißausbrüche – ließ sich aber immer sehr schnell reaktivieren.

Zweifel

Bis zur Abreise befielen uns immer wieder Zweifel, ob Familienurlaub mit Interrail wirklich eine gute Idee ist. Wir alle hören ja jeden Tag von unzähligen Pannen zumindest bei der Deutschen Bahn. So hatten wir nicht nur einmal die Vorstellung im Kopf, irgendwo in brütender Hitze zu stranden, ohne Klo und Klimaanlage …

Irgendwann merkten wir dann das mit Olympia und dachten: Sind wir verrückt, in dieser Zeit nach Paris zu fahren?!?! In der letzten Woche vor der Abreise checkten wir jeden Tag, ob die Züge auf unseren Linien pünktlich wären – Überraschung: Sie waren es meistens, wie beruhigend!

Am Tag vor der Abreise waren wir – logisch – beim Packen, als wir in den 10-Uhr-Nachrichten im Radio die Meldung hörten: „In Frankreich hat es am Tag der Eröffnung der Olympischen Spiele einen massiven Angriff auf das Schnellzugnetz gegeben. … Viele Verbindungen mit den TGV-Hochgeschwindigkeitszügen mussten laut SNCF gestrichen werden. Probleme gibt es den Angaben zufolge auch bei Zügen mit dem Ziel Belgien und Großbritannien. Fahrgäste wurden aufgerufen, ihre Reisen zu verschieben und nicht zu den Bahnhöfen zu kommen. Bedingt durch Reparaturarbeiten werde die Situation in den kommenden Tagen anhalten.“

Nee, oder?

Äußerlich ganz ruhig, habe ich erst mal einfach weiter gepackt – doch meine Gedanken überschlugen sich: Was machen wir denn jetzt?! Müssen wir die Reise verschieben?! Dann haben die keine Sitzplätze mehr für uns?! So ein Mist! Ach, hätten wir doch nur …! Das war so klar, dass das nicht klappt! …

Was soll ich sagen: Es war dann alles halb so wild. Natürlich haben wir die ganze Zeit verfolgt, was sich auf sämtlichen Bahn-Apps tat. So langsam normalisierte sich der Verkehr auf den für uns relevanten Strecken und die Zuversicht kehrte zurück.

Die Reisetage

Samstag früh ging es los – und von nun an kann ich es eigentlich kurz machen: Auch wenn du es nicht glauben magst: Es ging alles glatt! Und wie entspannt Zugfahren ist, wenn alles geht, muss ich dir ja nicht erzählen, oder?

Okay, auf der Eurostar-Strecke brauchten sie eine Stunde länger wegen der Nachwirkungen der Anschläge. Aber da wir mit Pufferzeit in Paris geplant hatten, fragten wir einfach, ob wir den Zug eine Stunde früher nehmen könnten. Wir konnten (von wegen begrenztes Interrail-Kontingent und so …) Damit kamen wir zur geplanten Zeit in London St. Pancras an.

In England fuhren wir dann zweimal nach London und einmal nach Bath mit dem Ticket. Der Regionalverkehr ist dort ähnlich störanfällig wie in Deutschland, dafür gibt es nicht annähernd sowas Tolles wie ein Deutschland-Ticket und kurze Fahrten mit der Regionalbahn sind schon so teuer, dass sich auch hier das Interrail-Ticket ausgezahlt hat.

Zehn Tage später Richtung Nizza lief es auch sehr geschmeidig – bis auf eine kleine Ausnahme: Als der TGV den Gare de Lyon in Paris verlassen sollte, wurde es plötzlich still … und heiß. Die Maschine war aus und es kam die Durchsage: „Wir haben eine technische Störung, die wir mit Hochdruck zu beheben versuchen. Die Abfahrt verzögert sich um einige Minuten.“ Echt jetzt? Da war wieder so ein kurzer „Kanndoniwasein“-Moment. Gerade waren wir voll bepackt gefühlte zwei Kilometer von der Bahnhofshalle zum Anfang des Zuges gelaufen und hatten schon schlimme Szenarien von Zug- und Gleiswechsel vor Augen. Aber nein, dies war hier ja schließlich nicht „Die Bahn“, sondern die SNCF. Nach zehn Minuten schnurrten die Motoren wieder und los ging es für weitere 6,5 Stunden durch wundervolle französische Berg-, Fluss- und Weinlandschaften – bis wir so gegen 20 Uhr das Meer sahen. Nizza, wir kommen!

Die Woche in Nizza war heiß und wundervoll. Die Kinder waren glücklich, also waren wir es auch. Montag morgen, 10:04 Uhr ging es zurück nach Hause. Und wieder gibt es nicht viel zu sagen: Nizza – Paris lief entspannt und reibungslos. Kurzer Bahnhofswechel in Paris von Gare de Lyon nach Gare de l’Est. Letzte Etappe: ICE nach Frankfurt. Geplante Ankunft: 22:13 Uhr. Tatsächliche Ankunft: 22:03 Uhr. Glaub es oder nicht …

Das einzig Nervige an dieser Zugfahrt: Bei mir bahnte sich eine Erkältung an – wohl dem Wechsel von Hitze und Klimaanlagenkälte in der Ferienwohnung geschuldet. Aber gut, das kann ich der Bahn nun wirklich nicht anlasten.

Selten so entspannt gereist

Unser Fazit: Selten so entspannt gereist – und so erholt aus dem Urlaub gekommen (wenn man sich die Erkältung wegdenkt). Wir machen das bestimmt wieder. Und wenn die widrigen Umstände überstanden sind, fahren wir beim nächsten Mal bis nach Schottland – und dort dann mit dem Harry-Potter-Express …

Welche Erfahrungen hast du mit Interrail gemacht? Schreibe uns gern an kontakt@klimaschutz-initiative-riedberg.de